Wenn es ein Wort im offiziellen Diskurs gibt, das sich fortwährend großer Beliebtheit erfreut, dann ist es das Wort „Kultur“. Meist wird es verwendet zusammen mit einem das Wort „Kultur“ näher bezeichnenden Eigenschaftswort oder als zusammengesetztes Hauptwort – z.B. „politische Kultur“ oder „Erinnerungskultur“ oder „Diskussionskultur“. Für ein neues Kompositum unter Verwendung des Begriffs „Kultur“ sei hier ein bescheidener Vorschlag gemacht.
Wo Schutzgebende vor Schutzsuchenden Schutz finden
Dazu noch vorausgeschickt: Neulich traf ich auf eine kurze Beschreibung, welche eine „Herausforderung“ unserer gesellschaftlich-politischen Lage treffend kennzeichnet. Es geht bei dieser Neuerung um die millionenteuere Sicherung öffentlicher Plätze, vor allem durch Fahrzeugsperren. Diese sollen „die Menschen“ oder „die Bevölkerung“ vor dem sog. Terror – zuweilen auch „islamistischer Terror“ genannt – schützen. Auf bemerkenswerte Weise ist unsere „Gesellschaft“ im Zusammenhang des „Strebens nach mehr Gerechtigkeit in der Welt“ somit auch sicherheitstechnisch aufgewertet worden. In unserer „die Ängste der Menschen ernstnehmenden“ Kultur ist „unser“ Staat bemüht, zur Abwehr des immer wieder völlig überraschend auftretenden Phänomens „Terror“ wenigstens hier und da für seine „Bürgerinnen und Bürger“ einige – noch – sichere Enklaven zu schaffen. Ich glaube, es war bei Michael Klonovsky, wo ich nun las, daß zur „Terrorabwehr“ Schutzzonen für Schutzgebende eingerichtet werden, um die Schutzgebenden vor den Schutzsuchenden zu schützen. Mit solchen Worten wird die Sinnhaftigkeit unserer Willkommenskultur ganz gut auf den Punkt gebracht.
Diese echt innovativen Schutzzonen insgesamt, zu denen u.a. Schutzzäune und die sog. Merkel-Poller gehören, kann man zusammenfassend kaum angemessener denn als Teil einer Art von „Merkel-Kultur“ bezeichnen. Angesichts unserer Großen Grenzöffnerin A.M. ist z.B. bemerkenswert, daß wir nach wie vor Grenzen haben. Nur haben diese sich von rundum schützenden Landesaußengrenzen zu Enklaven-Binnengrenzen wunderbar verwandelt, die dort zumindest vereinzelt noch sicheren Schutz gewähren sollen. Das ist eine interessante Entwicklung. Wie niemand anderes steht unsere Bundeskanzlerin für solche Art von Fortschritts- und Schutzkultur – sowohl symbolisch als auch ursächlich. Mit Eifer hat „die Politik“ dafür gesorgt und tut dies auch weiterhin, daß auch nach Angela Merkels Ausscheiden aus dem Amt sich diese Schutzkultur fortsetzen wird. Eine bessere Bezeichnung als „Merkel-Kultur“ zu finden, dürfte schwierig werden. Deshalb verdient es das Kompositum „Merkel-Kultur“ unbedingt, als erkenntnisunterstützender Begriff in den öffentlichen Diskurs als Terminus technicus aufgenommen zu werden.
Ein besonderer Platz in der Geschichte ist Angela Merkel sicher
Der obigen, auf den ersten Blick etwas verwirrenden Beschreibung von Schutzgebenden und Schutznehmenden würde man nur zu gerne lediglich Humoristisches abgewinnen. Leider macht dies unsere „gelebte“ Schutzkultur nicht möglich. Zu viele Tote gibt es dafür bereits. Die Zahl der Ermordeten, die wir als Ergebnis dieser sehr speziellen Philanthropie-Kultur dereinst eigentlich verzeichnen müßten, wird zudem von Jahr zu Jahr wachsen. Beruhigend ist, daß wir dank unserer halluzinatorischen Verdrängungskultur, ich verbessere, dank dieser Freundliches-Gesicht-Zeige- und Bürger-nicht-Verunsicherungs-Kultur die entsprechenden genauen Zahlen vermutlich nie im Leben erfahren werden.
Sicher können wir allerdings sein: Um all der Toten, dieser sehr bedauerlichen Randerscheinung einer eigentlich höchst wünschenswerten Entwicklung, interkulturell-sensibel gerecht werden zu können, werden maßgebliche Vertreter unserer politischen Kultur und sonstige „Kulturschaffende“ intensiv daran arbeiten, als Teil unserer Willkommenskultur eine neue Opferkultur zu entwickeln, um diese dann zu inkulturieren. Auch dies kann man als Bestandteil des nicht mehr ganz neuen, aber hier neu benannten Kulturfortschritts betrachten.
Unbedingt zu ergänzen ist an dieser Stelle noch: Ein besonderer Platz ist Angela Merkel schon heute in der Geschichte sicher, nicht nur in der Kulturgeschichte.
Auf jeden Fall gilt: Soviel Kultur war noch nie!